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Muskuläre Aspekte im Frauensport

Die Muskulatur von Frauen und Männern weist bezüglich ihres Anteils am Gesamtkörpergewicht deutliche geschlechtsspezifische Unterschiede auf.

Relativ wie absolut ist der Anteil der Muskulatur bei der Frau geringer als beim Mann. Er beträgt bei der Frau ca. 35% und beim Mann ca. 40%. Absolut ausgedrückt entspricht dies etwa 23 kg bei der Frau und 35 kg beim Mann, bei einem Körpergewicht von etwa 65 kg bzw. 88 kg.

Der Anteil des Fettgewebes am Gesamtkörpergewicht beträgt bei Frauen ca. 28% gegenüber 18% beim Mann. Dies entspricht einem durchschnittlichen Köperfettanteil von ca. 18 kg bei Frauen und 16 kg bei Männern bei den gleichen Körpergewichten wie oben.

  
Fig: Ein geschlechtsspezifischer Vergleich der Muskelzusammensetzung bei Mittelstrecklerinnen und Mittelstrecklern ist in folgender Animation dargestellt (14).


Muskelaufbau

Hinsichtlich der Verteilung der roten und weißen Muskelfasern sowie derjenigen des Intermediärentyps gibt es keine geschlechtsspezifischen Unterschiede. Unterschiedlich ist aber der Muskelquerschnitt, der beim Mann nach der Pubertät, bedingt durch den Einfluss der männlichen Sexualhormone, stärker zunimmt als bei der Frau.

Muskelkraft

Die absolute Muskelkraft pro cm² Muskelquerschnitt variiert auf Grund des höheren Anteils an eingelagertem Fettgewebe zwischen den Geschlechtern. Bei Frauen beträgt er 6,3 ± 0,9 kp/cm² und beim Mann 6,7 ± 1,0 kp/cm². Relativ gesehen kann der Muskelquerschnitt von Männern bis 20% größer sein als der von Frauen. Der Muskelquerschnitt hat starken Einfluss auf die Muskelkraft. Daher hat die Frau, bedingt durch die geringere Muskelmasse und den höheren Fettanteil, auch eine niedrigere Maximalkraft als der Mann. Je nach Muskelgruppe beträgt die Maximalkraft der Frau zwischen 54% und 80% der Kraft des Mannes. Die Unterschiede zwischen Frau und Mann sind in Bezug auf die im Alltag stärker beanspruchten Muskelgruppen größer als bei weniger beanspruchten Muskelgruppen.

Trainierbarkeit

Die Unterschiede in Muskelaufbau und Muskelkraft lassen Rückschlüsse auf eine graduell unterschiedliche Trainierbarkeit der Muskulatur zu, welche jedoch nur bezüglich einzelner Muskelgruppen und nicht generell besteht. Muskelgruppen, die überwiegend dynamische Bewegungsaufgaben ausführen, weisen eine geschlechtsspezifische Differenz hinsichtlich der Größe der Trainierbarkeit auf. Bei überwiegend statisch arbeitenden Muskelgruppen, wie etwa der Bauch- und Rumpfmuskulatur, ist die Trainierbarkeit bei beiden Geschlechtern identisch.

Unterschiede in der Trainierbarkeit der einzelnen Muskelgruppen bestehen vornehmlich im Alter zwischen 16 Jahren und 40 Jahren. Im Kindesalter sowie ab etwa dem 60. Lebensjahr bestehen sie noch nicht bzw. nur noch geringfügig.

Einfluss des Testosteron

Die Ursache für die unterschiedlich ausgeprägte Muskulatur wird dem Einfluss des eiweißanabolen, männlichen Sexualhormons Testosteron zugesprochen. Bis zum Eintritt in die Pubertät haben Mädchen und Jungen einen vergleichbaren Testosteronspiegel.

Ihre körperliche Leistungsfähigkeit ist insbesondere hinsichtlich der von der Muskelmasse abhängigen Kraft annährend gleich. Während der Pubertät steigt der Testosteronspiegel bei Jungen um etwa das 10-fache an, während er bei Mädchen nur gering steigt (16). Das führt dazu, dass bei Jungen der Anteil der Muskelmasse am Gesamtkörpergewicht um durchschnittlich 50% des ursprünglichen Wertes auf ca. 42% ansteigt, während er bei Frauen nur um durchschnittlich 30% des ursprünglichen Wertes auf etwa 36% ansteigt (18).

Der relative Anteil der Muskulatur am Gesamtkörpergewicht steigt jedoch bei trainierenden Sportlerinnen über diesen Wert hinaus an. Darüber hinaus gibt es erhebliche individuelle und konstitutionsabhängige Schwankungen des Anteils der Muskelmasse am Gesamtkörpergewicht.

Wird Frauen über eine längere Zeit Testosteron in Form von Anabolika verabreicht, so kann es zu einem entsprechend ausgeprägten Muskelzuwachs kommen. Hierbei handelt es sich jedoch um verbotenes Doping, das zu gravierenden gesundheitlichen Schädigungen führen kann. Weitere Informationen dazu finden sich im Kurs "Doping".

Die Muskulatur der Frau ist weniger stark kapillarisiert und besitzt weniger und kleinere Mitochondrien als die männliche Muskulatur. Im Vergleich zur Muskulatur der Frau weist diejenige des Mannes ca. 1,4 mal mehr Mitochondrien auf. Keine Unterschiede gibt es in der Bevorratung der Substrate (Kreatinphosphat und Glykogengehalt) und der glykolytischen und oxydativen Enzymaktivitäten.


Der Hauptunterschied zwischen der Kraftentwicklung bei der Frau und beim Mann liegt in der differenten Entwicklung von Muskelmasse und Muskelquerschnitt aufgrund des Einflusses der männlichen Sexualhormone.