Im modernen Sport spielt die Farbe und damit auch die Farbwahrnehmung eine wesentliche Rolle. Sportler und Zuschauer werden mit einem weitreichenden Farbenspektrum der Sportler-Kleidung, farbiger Spielflächen, farbig markierter Tribünen-Sitzflächen und leuchtfarbener Werbeflächen konfrontiert.
In den Mannschafts- und Sportspielen (Handball, Fußball etc.) ist es notwendig, auch anhand der Farbwahrnehmung zu entscheiden, ob ein Spieler im linken oder rechten Gesichtsfeld Mitspieler oder Gegenspieler ist.
Ein "rot-grün-blinder" Fußballspieler kann folglich seine Mitspieler mit roten Trikots nur schwer von Gegenspielern unterscheiden, die grüne Trikots tragen.
Aufgrund der unterschiedlichen Rahmenbedingungen in verschiedenen Sportarten ist die sportartspezifische Leistungsminderung durch Störungen in der Farbwahrnehmung nur individuell zu beurteilen.
In Sportarten, bei denen geringe Farbdifferenzen unterschieden werden müssen oder Zusatzinformationen zur erfolgreichen Durchführung der Sportart liefern, ist eine erfolgreiche Teilnahme "Farbuntüchtiger" im Hochleistungsbereich daher weniger wahrscheinlich.
So liefert z.B. die durch die unterschiedliche Schnittlänge der Grashalme entstehende Grünstufung zwischen "Rough" oder "Fairway" und "Green" im Golf Zusatzinformationen zur Tiefenwahrnehmung.
Als wichtige Rahmenbedingung - bezogen auf eine optimale visuelle Wahrnehmung im Sport - werden starke (Farb-)Kontraste zwischen Bällen, Böden (Bodenbelägen), Wänden und Toren gefordert.
Homogenität der Farben kann folglich auch leistungsmindernd oder verwirrend wirken: Exemplarisch sei hier auf die häufig fehlenden Kontraste z.B. zwischen den oft naturholzfarbenen Hindernissen und dem sandigen Boden beim Springreiten oder die fehlenden Farbkontraste zwischen dem weißen Ball und dem oft hellen Hintergrund (Tribünen etc.) im Baseball verwiesen.
Die Differenzierung von Farbtönen, Sättigung und Helligkeit ermöglicht für die Farbwahrnehmung eine Vervielfachung der Unterscheidungsmöglichkeiten. Der normale menschliche Farbensinn erlaubt unter optimalen Bedingungen die psychophysische Unterscheidung von über 200 Farbtönen, die die Bezeichnung der Farbe (z.B. Kirschrot) bestimmen.
Die Sättigung gibt an, inwieweit ein Farbton durch Beimischung von Graustufen zwischen Schwarz und Weiß (man unterscheidet ca. 20 Sättigungsstufen) "verdünnt" worden ist.
Je mehr Graustufen der Spektralfarbe beigemischt sind, desto geringer ist die Sättigung des Farbeindrucks.
Beide gemeinsam bestimmen die Farbart (z.B. blasses Olivgrün).
Unabhängig von der Farbe können ca. 500 Helligkeitsstufen unterschieden werden. Dem "achromatischen Sehen" (z.B. im skotopischen Bereich) stehen ausschließlich diese 500 Helligkeitsstufen zur Verfügung.
Aufgrund der multiplikativen Nutzung der drei Komponenten Farbton, Sättigung und Helligkeit können mehrere Millionen Farbvalenzen unterschieden werden.
Der normale Farbensinn kann aus den drei Komponenten Rot (Wellenlänge 700 nm), Grün (546 nm) und Blau bzw. Violett (435 nm) praktisch fast alle Farben durch geeignete Mischung, z.B. additive Farbmischung, herstellen (sog. trichromatisches System).
Dabei handelt es sich um einen neurophysiologischen Prozess, bei dem Licht verschiedener Wellenlängen, das auf dieselbe Stelle der Retina fällt, zu einem einheitlichen Farbeindruck verrechnet wird.
Farbensehen ist folglich erst durch die neuronale Verarbeitung der Wellenlängeninformationen (d.h. des rechnerischen Vergleichs der Erregung der drei Zapfentypen) möglich.
Farbenpaare, die bei additiver Mischung den "Eindruck" Weiß ergeben, werden als Komplementärfarben bezeichnet.
Subtraktive Farbmischung
Eine Farblösung (z.B. eine Malerfarbe) absorbiert - wie ein Farbfilter - einen Anteil des weißen Tageslichtes und lässt einen anderen spektralen Anteil durchtreten/reflektieren.
Die nach dieser Subtraktion verbleibenden Wellenlängen bestimmen dann die gesehene Farbe.
Mit anderen Worten: Mischt man also z.B. Gelb und Blau im Farbkasten entsteht Grün, weil die blaue Farbe den langwelligen Anteil und die gelbe Farbe den kurzwelligen Anteil des weißen Lichtes absorbiert. Der übrigbleibende mittlere Wellenlängenbereich bestimmt den Farbeindruck Grün.
In einem weiten Bereich des sichtbaren Spektrums (ca. 380-780 nm) können Wellenlängenunterschiede von 1-2 nm (absolute Farbunterschiedsschwelle) noch auseinandergehalten werden.
Mit zunehmendem Alter verändert sich die Farbwahrnehmung. Sie ist zwischen 20 und 50 Jahren am besten und nimmt mit steigendem Alter aufgrund von Veränderungen der Linse, der Retina oder der Pupillengröße (oder einer Kombination dieser Einflussfaktoren) ab.
Auf die psychologische Wirkung von Farben, die im Sport u.a. bei der Trikot- und Kleidungsauswahl eine wesentliche Rolle spielt, soll in diesem Rahmen nicht im Detail eingegangen werden. Exemplarisch sei hier z.B. auf Untersuchungen verwiesen, die den Einfluss schwarzer Kleidung (Schwarz als die "Farbe des Bösen und des Todes" in praktisch allen Kulturen) auf das aggressive Verhalten von Football- und Eishockey-Profimannschaften im Vergleich zu Mannschaften, die andersfarbige Trikots trugen, untersuchten.
Die Analyse der Penalty-Protokolle (die Anzahl der Penaltys gegen ein Team als Maß der Aggressivität) der nationalen Football- und Eishockey-Liga ergab, dass die Mannschaften, die schwarze Kleidung trugen, in beiden Sportarten bezogen auf die Penalty-Rate an der Spitze ihrer Liga rangierten. Der Wechsel von farbiger zu schwarzer Kleidung war jeweils vom unmittelbaren Anstieg der Penalty-Rate begleitet.
Die durch Laboruntersuchungen untermauerten Ergebnisse deuten darauf hin, dass soziale Wahrnehmung (z.B. die mögliche "Voreingenommenheit" der Schiedsrichter) und Selbstwahrnehmung (gesteigerte Aggressivität der Spieler) von Bedeutung sind (FRANK & GILOVICH 1988).
Auch das Aufmalen von schwarzen Streifen unter die Augen, das beim Baseball und beim American Football zu beobachten ist, kann - neben der Funktion als Reflexionsschutz bei Sonneneinstrahlung - als furcht- bzw. respekteinflößende Maßnahme gedeutet werden.
Interessant sind auch Studien, die bei College-Studenten signifikant höhere Kraftwerte (gemessen am Handdynamometer) feststellten, wenn diese vor und während der Kraftmessung eine rote Wand - im Vergleich zu einer bei einem weiteren Durchgang dargebotenen grünen Fläche - anvisierten (O'CONNEL et al. 1985).
Dies ist mit der Hypothese vereinbar, dass die "Erregungsqualität" der Farbe Rot (mehr als ihre "Angenehmheit" oder die Verknüpfung mit geschlechtsspezifischen Assoziationen) verantwortlich ist für die erzielten Kraftdifferenzen. Die Aktivierungs- bzw. Vigilanzsteigerung (Vigilanz = "Wachheit") beim Betrachten eines roten Reizes ist scheinbar größer als die bei einem grünen Reiz.