Räumliches Auflösungsvermögen - Sehschärfe


Unter räumlichem Auflösungsvermögen (Sehschärfe) versteht man die Fähigkeit, zwei räumlich sehr nah benachbart präsentierte Reize noch als Einzelreize erkennen zu können.


Die (statische) Sehschärfe des Auges spielt in vielen Situationen eine wesentliche Rolle. Will man etwas "scharf" sehen, richtet man seinen Blick auf das zu betrachtende Detail. Dies bewirkt, dass das Abbild des Objektes auf die Fovea centralis projiziert wird. Die Sehschärfe ist im Bereich der Fovea am größten und nimmt zur Peripherie hin rapide ab (siehe Abbildung).

Dafür kann man folgende Gründe anführen:

Die Photosensoren der Retina haben ihr Sensibilitätsoptimum bei unterschiedlichen Beleuchtungsbedingungen. Die Stäbchen sind sehr lichtempfindlich und damit für das "Sehen bei Sternenlicht" (skotopisches Sehen) besonders geeignet. Allerdings sind sie achromatisch, d.h., sie können keine Farben erkennen. Die Zapfen sind weniger lichtempfindlich, ermöglichen aber das Farbensehen und eine bessere räumliche Auflösung der eingehenden Signale. Ferner ist die Zapfendichte im Bereich der Fovea mit ca. 150000 Zellen/mm² am höchsten. Sie nimmt zur Peripherie hin allseitig kontinuierlich ab und beträgt 40° temporal zur Fovea mit 5000 Zellen/mm² nur noch 1/30 im Vergleich zum fovealen Wert.

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Sensorendichte und Sehschärfe

Aus diesem Grund ist bei photopischen Bedingungen das Sehen im Bereich der Fovea "schärfer" als in der Netzhautperipherie. In einer Entfernung von 10° zur Fovea ist lediglich eine Sehschärfe von 0,2 erreichbar; in einer Entfernung von 20° eine Sehschärfe von 0,125.
Detailwahrnehmung setzt folglich die punktgenaue Fixation des betrachteten Gegenstandes voraus.

Stäbchen sind in der Fovea nicht vorhanden. Ihre Verteilung bildet ein Maximum direkt neben der Fovea und nimmt zur Peripherie hin nur geringfügig ab. Deshalb ist die räumliche Auflösung beim skotopischen Sehen (Nachtsehen) im parafovealen besser als im fovealen (siehe Abbildung oben).

Der größte Teil der am Sehen beteiligten Systeme ist retinotop organisiert.
 Das bedeutet, dass benachbarte Bereiche auf der Retina auch auf benachbarten Bereichen in den nachgeschalteten Gehirnarealen abgebildet werden. Die Nervenzellen (Neurone) in solchen Hirnarealen werden bei geeigneter Stimulationan bestimmten Stellen der Netzhaut erregt bzw. gehemmt. Der Bereich der Retina, der bei visueller Stimulation einen solchen Einfluss auf das jeweilige Neuron hat, wird als rezeptives Feld der Nervenzelle bezeichnet.

Neurone, die Informationen aus einem relativ zentralen, also nahe der Fovea gelegenen Areal erhalten, haben eher kleine rezeptive Felder, solche mit Projektionen aus peripheren Netzhautarealen eher große. Grund hierfür ist die unterschiedliche Verschaltung der Photosensoren in der Retina. In der Peripherie werden viel mehr Eingänge (Photosensoren) auf eine nachfolgende Nervenzelle geschaltet als in der Fovea, in der Sensoren und Neuronen im Verhältnis 1:1 verschaltet sind. Das heißt, der zentrale foveale Bereich wird überproportional repräsentiert.

Die erhebliche Signalkonvergenz zeigt sich auch darin, das die ca. 126 Millionen Photosensoren auf nur 1 Million Ganglienzellen verschaltet werden.


Der ausgeprägte Sehschärfeverlust außerhalb der nur ca. 2° großen Fovea centralis zur Netzhautperipherie hin ist ursächlich auf die Größenzunahme der rezeptiven Felder (mehrere Sensoren konvergieren auf ein Feldzentrum einer Ganglienzelle), die Abnahme der Sensorendichte und die Zunahme des Sensorenabstandes zurückzuführen.


Somit ist die Rasterung des Abbildes der Umwelt im Bereich der Fovea besonders fein, in der Peripherie jedoch viel gröber, woraus wiederum eine unterschiedlich gute räumliche Auflösung (Sehschärfe) resultiert.